Indien-Besuch des Verteidigungsministers: Irgendwann auch Waffen
Deutschland umwirbt Indien – auch als Militärpartner. Dabei ist das Land nicht gerade das Paradebeispiel einer gesunden Demokratie.
A ußenministerin Annalena Baerbock sprach von einem Wertepartner, Bundeskanzler Olaf Scholz von einer Hightech-Nation. Wenn Verteidigungsminister Boris Pistorius auf seiner Indo-Pazifik-Tour am Dienstag und Mittwoch Indien besucht, wird es wohl vor allem um Rüstung gehen. Willkommen in der Realpolitik, willkommen beim Militärpartner.
Indien mag an seiner Bevölkerung gemessen die größte Demokratie der Welt sein, die leuchtendste ist sie nicht. Die hindunationalistische Regierung schränkt die Pressefreiheit ein, unterdrückt Minderheiten und liefert sich mit China und Pakistan einen blutigen Krieg um die Vorherrschaft im Kaschmir.
Dennoch wird Indien von Deutschland so heftig umworben wie lange nicht. Ist das bigott? Ja und nein. In einer idealen multipolaren Weltordnung, in der mehrere gleichstarke Player über die Einhaltung von Völkerrecht und Rechtsstaatlichkeit wachen, wie sie Deutschland favorisiert, ist Indien wichtig: als bevölkerungsreichstes Land, Atommacht und regionales Gegengewicht zu China. Zudem führt es in diesem Jahr die G20, den Club der weltweit wichtigsten Industrie- und Schwellenländer. Sich Indien gewogen zu machen, heißt auch, Autokratien wie China und Russland weiter zu isolieren.
Obwohl sich Indien in der UN-Vollversammlung bei der Verurteilung des russischen Angriffskriegs enthielt und gute Beziehungen zu Putin pflegt, hält man den Krieg inoffiziell für völkerrechtswidrig und bedrohlich. Es ist deshalb richtig, dass die Bundesregierung sich um Indien bemüht. Auch wenn das bedeutet, dass man über Rüstungsprojekte und wohl auch irgendwann über Waffenlieferungen redet. Indiens Armee bezieht einen Großteil ihrer Ausrüstung aus Russland. Diese militärische Abhängigkeit kann es nur beenden, wenn der Westen als Lieferant einspringt. Was aber nicht dazu führen darf, dass Deutschland auf jegliche Prinzipien in Bezug auf Rüstungsexporte und Menschenrechte verzichtet.
Ein Drahtseilakt.
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